lautet die Überschrift auf der Titelseite der Frankenpost; "Das Thema Autobahn ist vom Tisch".
https://www.frankenpost.de/lokal/fichtelgebirge/fichtelgebirge/art654373,4730027
Laut Artikel informiert die parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme (SPD), dass der Ausbau der B303 zwischen A9 und Tschechien vom Tisch ist. Eine in ihren Augen gute Nachricht, denn
"Das in letzter Zeit stark zurückgegangene Verkehrsaufkommen hätte das Projekt auch in keinster Weise gerechtfertigt."
Erfreut zeigt sich auch der Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk (CSU).
"Gemeinsam mit dem Landrat des Landkreises Bayreuth, Hermann Hübner, und meiner Landtagskollegin Gudrun Brendel-Fischer hatte ich im Jahr 2014 den Bundesverkehrsminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, aufgefordert, dass das Verkehrsprojekt "B 303 neu" ersatzlos aus dem künftigen Bundesverkehrswegeplan gestrichen wird. Es freut mich, dass unserer Forderung entsprochen wurde."
(Eh - ja.)
Ganz und gar nicht erfreut hingegen äußert sich offensichtlich Landtagsabgeordneter Martin Schöffel (CSU). "Unerklärlich ist die Einstufung der B303 zwischen Schirnding und Marktredwitz." Seiner Ansicht nach müsse "der gesamte Abschnitt als vierstreifige Straße aufgenommen werden (...)", hier müsse dringend eine Änderung erfolgen.
(Wieso unerklärlich?
Es ist doch wirklich simpel.
Wenn es die Verkehrszahlen nicht erfordern, muß eine Straße nicht ausgebaut werden.
Auf der B303 sind die Verkehrszahlen gering. Ein Ausbau ist nicht erforderlich.
Das hat man in Berlin erkannt und die Straße entsprechend eingestuft.)
Martin Schöffel bringt in dem Frankenpostartikel Tschechien ins Spiel.
"Selbst beim kürzlichen Treffen der Ministerpräsidenten von Bayern und Tschechien sei über den Ausbau der Strecke gesprochen worden. Die Tschechische Republik habe dabei klar gefordert, die Straße auf bayerischer Seite auszubauen."
(Die Tschechische Republik fordert. Hmmmm.)
Wie es in dem Artikel weiter heißt, bezeichnet es Schöffel als inakzeptabel, dass es auch zwischen der A93 und Marktredwitz-West keinen vierstreifigen Ausbau geben soll.
Und:
Ebenfalls nicht erfreut ist offensichtlich Bundestagsabgeordneter Hans-Peter Friedrich. "Die Ortsumgehung Schirnding hat Baurecht und muß sofort realisiert werden, der Abschnitt Schirnding bis zur A93 muß eine leistungsfähige vierspurige Verbindung werden."
(Auch auf die Gefahr hin dass der geneigte Leser an dieser Stelle gelangweilt aufseufzt, wiederholen wir kurz die simplen Fakten:
1: Die Ortsumgehung Schirnding existiert bereits als bestens ausgebaute, quasi dreispurige Straße. Spatenstich war am 19.10.1992 gewesen, und 2003 wurde sogar noch ein zusätzlicher Fahrstreifen angebaut, auch die 1992 ebenfalls neu errichtete Röslaubrücke wurde um eine Fahrspur erweitert. Ein weiterer Ausbau für rund 30 Millionen! Euro Steuergelder bei derart geringem Verkehrsaufkommen wäre nicht nur weder am Bedarf orientiert, sondern in Zeiten knapper Kassen geradezu verantwortungslos.
2: Der Abschnitt Schirnding bis zur A93 ist bereits heute schon eine leistungsfähige Verbindung. Eine sogar mehr als leistungsfähige, geradezu schon überdimensionierte Verbindung, denn sie ist für 20.000 Fahrzeuge gebaut, aber nirgends fahren auch nur halb so viele.)
Andererseits weiß der geneigte Leser auch von der ZiF, und demzufolge, warum Dr. Friedrich trotz der einen Ausbau keinesfalls zu rechtfertigenden geringen Verkehrzahlen hinter einer vierstreifigen B303 stehen kann.
Auf seiner Internetseite schreibt er am 16.03.2016 mit der Überschrift "Großer Erfolg bei der Schiene – Nachbesserungsbedarf bei Straßenprojekten", dass es beim Verbindungsstück A 93 / Schirnding noch nachzubessern gelte, hier sei das Verkehrsaufkommen weiter angewachsen.
Ist es das.
Die Frage an dieser Stelle ist: Beträgt das Verkehrsaufkommen 20.000 Kfz?
Die Antwort: Nein, beträgt es nicht.
Nicht einmal ansatzweise!
Wozu also an einen millionenschweren Ausbau der Straße denken?
Vielleicht weil, wie Dr. Friedrich schreibt, ein Ausbau eine europäisch verkehrspolitische Bedeutung von besonderem Gewicht hätte?
"Denn es ist völlig inakzeptabel, dass auf der gesamten Länge der bayerisch - tschechischen Grenze von fast 250 km bisher lediglich eine einzige vierspurige Verbindung zwischen dem tschechischen und deutschen Autobahnnetz besteht. Die Ortsumgehung Schirnding hat Baurecht und muss sofort realisiert werden, der Abschnitt Schirnding bis zur A 93 muss eine leistungsfähige vierspurige Verbindung werden."
Nun.
Nehmen wir hypothetischerweise an, dass der Abschnitt Schirnding - A93 tatsächlich vierspurig ausgebaut werden würde. Dies ergäbe dennoch keine vierspurige Verbindung zwischen dem tschechischen und deutschen Autobahnnetz, weil es von tschechischer Seite her keine vierspurige Straße zur Grenze gibt.
Abgesehen davon: Warum sollte es überhaupt irgendwo eine vierspurige Straße geben, wenn die Verkehrszahlen dies nicht erfordern? Was ist inakzeptabel an leistungsfähigen zweispurigen Straßen?
Eine Bundesstraße mit dem Verkehrsaufkommen einer Kreisstraße hat keinerlei transeuropäische Bedeutung.
Unsere tschechischen Nachbarn sehen dies ebenso logisch wie vernünftig.
Kerstin Popp liegt ein Schreiben des tschechischen Verkehrsministeriums vor, in dem es ganz klar heißt:
"Nowadays, czech side is not continuing in preparation of 4 lane reconstruction and puts the project aside until amount of traffic will show 4 lane highway necessary.".
Auf gut Deutsch: Tschechien wird sich erst wieder mit einem vierspurigen Ausbau befassen, wenn der Verkehr so gestiegen ist, dass ein derartiger Ausbau notwendig ist. Dieser Fall ist noch nicht eingetreten.
Dr. Friedrich schreibt, diese verkehrspolitische Situation (also dass es auf der gesamten Länge der bayerisch - tschechischen Grenze von fast 250 km bisher lediglich eine einzige vierspurige Verbindung zwischen dem tschechischen und deutschen Autobahnnetz gebe) wäre ein Armutszeugnis der gemeinsamen europäischen und deutschen Verkehrspolitik, "die wir auch gegenüber unseren tschechischen Nachbarn nicht mehr erklären können."
Moment.
Was können wir (und wer überhaupt ist "wir") Dr. Friedrichs Ansicht nach unseren tschechischen Nachbarn nicht mehr erklären?
Dass wir Deutsche unsere Straßen vernünftigerweise nur da ausbauen mögen, wo die Verkehrszahlen es erfordern?
Dass unsere tschechischen Nachbarn ihre Straßen vernünftigerweise nur da ausbauen mögen, wo die Verkehrszahlen es erfordern?
So etwas ist kein Armutszeugnis.
Aber wie dem auch sei.
Zurück zu Dr. Friedrichs Internetseite, auf der er noch schreibt, dass zwischen A93 und Schirnding ein vierstreifiger Ausbau erfolgen müsse, wenn die deutsche Verkehrsplanung überhaupt noch den Ansprüchen eines zusammenwachsenden Europas genügen wolle, und dass er sich auch über die Behandlung des Abschnittes A93 / Marktredwitz West enttäuscht zeige; auch hier gebe es noch weiteren Gesprächsbedarf.
"Es gilt: Noch nie ist ein Bundesverkehrswegeplan so im Bundestag verabschiedet worden, wie er im Entwurf vorgelegt wurde."
In der Tat.
Wenn es soweit kommt, dass ein Bundesverkehrsminister auf Aufforderung eines Landrats, eines Landtagsabgeordneten und eines Bundestagsabgeordneten ein Verkehrsprojekt ersatzlos aus dem Bundesverkehrswegeplan streicht, dann schreibt er es auf Aufforderung der oberfränkischen CSU, einiger Bürgermeister sowie interessierter Verbands- und Behördenvertreter auch (wieder) hinein.
"Die oberfränkische CSU wird sich auf einer Sondersitzung am 30. März
2016 um 19.00 Uhr in Himmelkron eingehend mit dem Thema befassen. Eingeladen sind dazu alle vom Bundesverkehrswegeplan betroffenen Bürgermeister sowie interessierte Verbands- und Behördenvertreter."
Wir werden das Thema sehr genau im Auge behalten. Denn es wird wie kein Anderes zeigen, wie Verkehrsminister Dobrindt seinen Worten "Aus- und Neubau müssen streng am Bedarf orientiert sein" Taten folgen lässt.